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PM 22/20 v. 31.08.2020
„Es ist ein gesellschaftspolitischer Skandal, dass die Stromkosten nicht komplett über den ALG-II-Satz abgedeckt sind“, sagt Birgit Eckhardt, Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen e.V. Eine Studie des Tarifvergleichsportals Verivox hat ergeben, dass ein durchschnittlicher Ein-Personen-Haushalt in Deutschland 94 Euro mehr für Strom ausgeben muss, als der ALG-II-Regelsatz vorsieht. „Wohnen ist ein Menschenrecht, und Stromverbrauch gehört nach unserer Auffassung eindeutig zu den Wohnkosten. Also müssen sie auch über den Regelsatz abgedeckt werden.“
Die Studie legt den für nächstes Jahr in Aussicht gestellten Regelsatz zu Grunde. 35,30 Euro stehen einem alleinstehenden Erwachsenen demnach monatlich für Strom zur Verfügung. Aufs Jahr gerechnet, wird der zugeteilte Betrag aber im Schnitt um 94 Euro, in der Spitze sogar um 197 Euro übertroffen – denn die Stromkosten unterscheiden sich regional sehr stark. Vor allem in der sogenannten Grundversorgung entstehen Mehrkosten. Aber auch, wer zu einem extrem günstigen Anbieter wechselt, zahlt noch drauf.
„Das Geld müssen sich diese Menschen dann im wahren Sinn des Wortes vom Mund absparen“, sagt Birgit Eckhardt. „Der Regelsatz ist ohnehin nicht auskömmlich bemessen. Wenn dann noch Geld für Strom ausgegeben muss, das eigentlich gar nicht dafür vorgesehen ist, fehlt es am Ende des Monats für Lebensmittel oder die Gesundheitsversorgung.“
Die sogenannte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), auf deren Basis der Regelsatz berechnet wird, geht wie die Verivox-Studie davon aus, dass ein alleinstehender Erwachsener etwa 1500 Kilowattstunden im Jahr verbraucht. Der Single-Haushalt ist zwar die Berechnungsgrundlage der Studie, aber die Kosten fallen bei Familien genauso ins Gewicht. „Davon sind nicht nur alleinstehende Erwachsene betroffen, sondern auch Familien mit Kindern. Der Gesetzgeber muss da eine auskömmliche Versorgung sicherstellen.“
Die Verivox-Studie ist nicht die einzige Untersuchung, die den Regelsatz für Strom als zu niedrig entlarvt. Eine Studie des Vergleichsportals Check24 war jüngst zu einem fast identischen Ergebnis gekommen, auch Wohlfahrtsverbände wie der Paritätische und die Caritas hatten schon ähnliche Zahlen vorgelegt. „Die Zahlen liegen auf dem Tisch“, sagt die Vorsitzende des Paritätischen. „Die Politik muss endlich aktiv werden.“