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Broschüre "Übergabe - Wie der Vorstandswechsel im Verein gelingt"
Für 39,4 Prozent der Menschen in Niedersachsen ist laut dem Freiwilligensurvey 2019 die Übernahme eines ehrenamtlichen Engagements Ehrensache. Diese Menschen stellen nicht sich selbst oder die eigene Kosten-Nutzen-Rechnung in den Mittelpunkt ihres Handelns, sondern verfolgen vielmehr den Wunsch, anderen Menschen etwas zurückzugeben und gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie das soziale Miteinander zu gestalten und mit Leben zu füllen. Vereine als organisatorischer Unterbau dieses Engagements sind zentrale Orte der Selbstverwirklichung und Geselligkeit und gleichzeitig Lernorte für Teilhabe und Verantwortungsübernahme in der Gesellschaft.
Doch gesellschaftliche Herausforderungen und Entwicklungen machen auch vor dem Vereinsleben nicht Halt. Ob nun durch einen zu beobachtenden Motivwandel hin zu mehr Eigennutz oder der zunehmende Fokus auf Projektarbeit bei den Engagierten, begrenzte Zeitressourcen, steigende berufliche und familiärer Mobilität oder eine Zunahme bürokratischer Auflagen und damit der Komplexität von Vorstandsaufgaben: Vereine haben zunehmend Schwierigkeiten, ehrenamtliche Leitungspositionen zu besetzen und Vorstände langfristig zu binden.
Die Bereitschaft ein Vorstandsamt zu übernehmen ist in der Engagementlandschaft generell rückläufig, egal ob im Sport oder im sozialen Bereich. 85 Prozent aller Vereine geben nach einer Erhebung des Wissenschaftszentrums Berlin an, dass es schwerer geworden sei, Leitungsgremien zu besetzen. Eine große Rolle dabei spielen der damit einhergehende Zeitaufwand, die langfristige Bindung, die Komplexität der Aufgaben im Hinblick auf gesetzliche Anforderungen und behördliche Auflagen oder die Angst vor Haftungsrisiken. Die mit einem Vorstandsamt einhergehenden Aufgaben erfordern oftmals juristische und betriebswirtschaftliche Kompetenzen, die allein ehrenamtlich nur schwer zu bewältigen sind.
Gute Vorstände sind Kopf und ein Stück weit die Seele ihres Vereins. Sie nehmen eine Schlüsselfunktion ein, wenn es um deren Zukunfts- und Handlungsfähigkeit oder um die Schaffung von Möglichkeitsräumen für ehrenamtliches Engagement geht. Die Zivilgesellschaft und das Vereinsleben benötigen Verlässlichkeit und Menschen, die dazu bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und für das Funktionieren der Vereinsstruktur einzustehen.
Gerade deshalb ist es wichtig, Vorstandsarbeit an gesellschaftliche Rahmenbedingungen anzupassen gute und attraktive Voraussetzungen zu schaffen und den Vorstandswechsel als einen langfristigen Prozess zu begreifen, den es zu planen und zu steuern gilt. Als Paritätischer unterstützen wir unsere Mitgliedsorganisationen bei dieser Aufgabe bereits auf vielfältige Weise: durch persönliche Beratung, Möglichkeiten zur Vernetzung und der Diskussion der Thematik in den jeweiligen Fachbereichen oder im Rahmen von Fachtagen und Seminaren. Mit der vorliegenden Arbeitshilfe liefern wir nun eine grundsätzliche Orientierung, was alles möglichst vorausschauend zu bedenken und in die Wege geleitet werden sollte, wenn ein Wechsel im Leitungsgremium des Vereins – dem Vorstand – ansteht und einzelne oder gar sämtliche Positionen neu besetzt werden müssen.