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PMS 04/17 v. 13.03.2017
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Niedersachsen e.V. hat bei seiner Jahreskonferenz in Soltau eindeutig Position bezogen: „Rechtspopulistische Strömungen haben in einer gerechten und sozialen Gesellschaft, für die sich der Paritätische seit jeher einsetzt, keinen Platz“, sagt die Vorsitzende des Landesverbands, Birgit Eckhardt. Zwei Tage lang, am 9. und 10. März, diskutierten die rund 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über den richtigen Umgang mit politischem Populismus und Extremismus und informierten sich über neue Ansätze in der sozialen Arbeit. Der Paritätische Kreisverband Cuxhaven wurde mit dem Paritätischen Sozialpreis 2016 ausgezeichnet.
Der mit 1500 Euro dotierte Preis würdigt außerordentliches soziales Engagement. – in diesem Fall die vorbildliche Flüchtlingsarbeit in Cuxhaven. „Die Arbeit des Kreisverbands ist beispielhaft für den guten Umgang mit der Vielfalt unserer Gesellschaft“, sagte Birgit Eckhardt in ihrer Laudatio. Ihr Stellvertreter Rainer Flinks hob hervor, dass der Kreisverband die Unterstützung so vieler Ehrenamtlicher gewinnen konnte. Im Café Vielfalt geben sie zum Beispiel Sprachkurse, bieten eine Nähwerkstatt an und organisieren gemeinsame Kochaktionen. Darüber hinaus gibt es das Projekt Peer-refugee, in dem junge Flüchtlinge und deutsche Jugendliche gemeinsam zu Multiplikatoren, zu Bindegliedern zwischen den Flüchtlingen und den pädagogischen Fachkräften ausgebildet werden. Im „Pro aktiv Center“ erhalten Flüchtlinge ehrenamtliche Unterstützung bei der beruflichen Integration, und im Projekt „Neustart“ besuchen Ehrenamtliche Flüchtlinge in abgelegenen Orten, um Bedarfe abzuklären und Patenschaften anzubahnen. Inzwischen gibt es rund 50 solcher Patenschaften – Hilfe von Mensch zu Mensch.
Der Jugendmigrationsdienst, eine Kleiderkammer für Flüchtlinge im Jugendtreff Hechthausen, Jugendwerkstätten, in denen Flüchtlinge qualifiziert werden und eine Fahrradwerkstatt aufgebaut wird, sowie ein Filmprojekt runden die haupt- und ehrenamtlichen Aktivitäten des Paritätischen Kreisverbands in der Flüchtlingsarbeit ab. Klaus-Dieter Fortmeyer, Geschäftsführer des Kreisverbands, freute sich über die Ehrung. Die Glückwünsche gab er prompt weiter an sein Team: „Dieser Preis gebührt Marianne Lüers und Kai Uhlhorn sowie allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, hauptamtlich wie ehrenamtlich.“ Marianne Lüers und Kai Uhlhorn haben die meisten Flüchtlingsprojekte des Kreisverbands aufgebaut. Marianne Lüers nahm den Sozialpreis denn auch mit entgegen. „Wir werden gemeinsam mit allen Aktiven überlegen, was wir mit dem Preisgeld machen können“, kündigte sie an.
Rund 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen e.V., seiner Kreisverbände und Tochterunternehmen sowie die Mitglieder des Verbandsrats waren nach Soltau gekommen und tauschten sich über verschiedene Aspekte der sozialen Arbeit aus – über die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, den Altenbericht der Bundesregierung und die Auswirkungen der Digitalisierung sowie über konkrete Herausforderungen der Flüchtlingshilfe.
Am ersten Tag hatte der Umgang mit rechtspopulistischen Positionen im Fokus gestanden. Journalist Andreas Speit rüttelte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit seinem Vortrag über die Netzwerke der Neuen Rechten – ob sie AfD, Pegida, Identitäre Bewegung, NPD oder Sturmvogel heißen – gründlich wach. „Das hat mir echt die Augen geöffnet“, sagten gleich mehrere Zuhörerinnen und Zuhörer im Anschluss. In Arbeitsgruppen konfrontierten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Beispiel gegenseitig mit rechten Parolen, um die oft erfahrene Sprachlosigkeit in solchen Situationen zu durchbrechen. Eine andere Gruppe beschäftigte sich mit den Strategien der AfD in Kommunal- und Landespolitik und mit den damit verbundenen sozialpolitischen Herausforderungen. Auch der Umgang mit extremistischen Ansichten bei eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern war Thema. Abends diskutierte die Runde dann über Erfahrungen im eigenen Alltag. „Wir müssen klar Position beziehen, für unsere Werte einstehen“, sagte Birgit Eckhardt. „Wir dürfen uns nicht wegducken.“ Sie forderte die Anwesenden auf, auch mit Kolleginnen und Kollegen vor Ort über dieses Thema zu sprechen.