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Paritätischer und Kinderschutzbund zum Weltkindertag: Kein Kind in Niedersachsen darf in Armut aufwachsen!
Ständiger Verzicht und der Ausschluss von sozialer Teilhabe sind für jedes fünfte Kind in Niedersachsen traurige Realität. Etwa 21 Prozent der rund 1,35 Millionen Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen sind armutsgefährdet. Die aktuelle gesellschaftliche Krise lässt befürchten, dass sich diese Zahl in den nächsten Monaten noch deutlich erhöht. Der Paritätische Niedersachsen und seine Mitgliedsorganisation Deutscher Kinderschutzbund Niedersachsen fordern die Politik deshalb anlässlich des Weltkindertags am 20. September dazu auf, ungeachtet anstehender Wahlen energische Schritte zu unternehmen, armutsbetroffene Kinder zu unterstützen – und weitere Familien vor dem Abrutschen in die Armut zu bewahren.
Während für die Freunde und Klassenkamerad*innen eine warme Mahlzeit, eigenes Taschengeld oder Vereinssport selbstverständlich zum Leben dazugehören, müssen armutsbetroffene Kinder und Jugendliche auf vieles davon verzichten. Dabei ist Kinderarmut im Regelfall Familienarmut – also die Armut des Haushalts, in dem die Kinder leben: Die soziale Lage des Elternhauses entscheidet über die soziale Lage des Kindes. So erleben die Kinder die Mangelsituation und den damit einhergehenden Ausschluss an sozialer Teilhabe tagtäglich, haben aber gleichzeitig keinerlei Einfluss auf die wirtschaftliche und soziale Lage, in der sie aufwachsen.
„Ihre eigene soziale Lage ist für die Kinder und Jugendlichen Schicksal“, sagt Kerstin Tack, Vorsitzende des Paritätischen Niedersachsen. „Erst mit zunehmendem Alter kommen sie allmählich in die Lage, ihre Situation kurz- und mittelfristig zu verändern.“ Die Bedingungen im Elternhaus wirken sich aber nachhaltig auf die Schul- und Bildungserfolge sowie auf die psychische und physische Gesundheit aus. Und damit auf die Lebensperspektive: Nur 22 Prozent der Kinder, die in Armut aufwachsen, führen später ein Leben fernab von sozialen Nöten. „Das Aufwachsen in Armut begrenzt, stigmatisiert und bestimmt das Leben von Kindern und Jugendlichen und erschwert nicht zuletzt ihre soziale Mobilität“, sagt Tack.
„Besonders an Kindern und Jugendlichen wird deutlich, dass Armut kein individuelles Versagen darstellt“, sagt Daniela Rump, Vorsitzende des Kinderschutzbunds Niedersachsen. „Armutsbetroffenheit sollte daher nicht subjektiviert werden. Im Gegenteil: Armut ist ein strukturelles Problem, das wir uns weder aus sozialer noch aus volkswirtschaftlicher Perspektive leisten können.“
Es gibt kein Patentrezept zur Bekämpfung von Kinderarmut. Deshalb sind für den Paritätischen und den Kinderschutzbund alle politischen Ebenen gleichermaßen gefordert: „Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf ein gleichberechtigtes Aufwachsen sowie faire Bildungs- und Teilhabechancen“, sagt Kerstin Tack. „Es ist an der Zeit, dieses Recht endlich einzulösen und eine Gesamtstrategie unter Einbindung der Träger der freien Wohlfahrtspflege auf den Weg zu bringen, damit Kinder und Jugendliche niedersachsenweit gleichberechtigte Teilhabechancen und Lebensverhältnisse vorfinden.“ Eine nachhaltige strukturelle Armutsprävention muss nach der Landtagswahl noch stärker in der unmittelbaren Lebenswelt der jungen Menschen und ihrer Familien ansetzen. „Die Prävention und Bekämpfung von Kinderarmut bedürfen einer landesweiten Gesamtstrategie gegen Kinder-, Jugend- und Familienarmut, die verbindliche Strukturen und Instrumente als festen Bestandteil kommunaler Daseinsvorsorge etabliert“, sagt Daniela Rump. „Dazu gehören eine armutssensible und bedarfsgerechte Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur genauso wie flächendeckende niedrigschwellige Sozialberatungsangebote und soziale Projekte.“