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Schlechte Arbeitsbedingungen verhindern gute Betreuung – Paritätischer Wohlfahrtsverband veröffentlicht Kita-Bericht 2022
der aktuelle Kita-Bericht des Paritätischen Gesamtverbands illustriert die höchst angespannte Situation in Deutschlands Kitas: Arbeitsbelastung und Rahmenbedingungen während der Pandemie sowie vielerorts unzureichende Personalschlüssel und teilweise mangelhafte Ausstattung erschweren es den pädagogischen Fachkräften, den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden und führen zu einer hohen Unzufriedenheit bei den Beschäftigten. Nach der Studie, die auf der Befragung von über 1000 Kindertageseinrichtungen aus dem gesamten Bundesgebiet basiert, verhindert der anhaltend hohe Fachkräftemangel bundesweit in jeder zweiten Kindertageseinrichtung, dass Kapazitäten vollständig ausgeschöpft werden. Auch in Niedersachsen bemängelt die Hälfte der Befragten diese ganz konkrete Auswirkung der Fachkräfteknappheit. Der Paritätische Niedersachsen fordert angesichts dieser alarmierenden Befunde konzertierte Anstrengungen aller politischen Ebenen zur Qualitätsentwicklung und Fachkräftegewinnung.
Erstmals untersucht wurde mit der Studie auch der Zusammenhang mit der sozialräumlichen Lage der Kindertageseinrichtungen. Der Befund: Unabhängig von der Pandemie fehlt es insbesondere für Kitas in benachteiligten Sozialräumen an gezielter Unterstützung. „Die Fachkräfte vor Ort leisten Tag für Tag Enormes unter vielerorts wirklich schweren Bedingungen. Gerade dort, wo viele Kinder in Armut aufwachsen oder auf besondere Unterstützung angewiesen sind, klagen auch die Kitas über schlechtere Ausstattung. Hier braucht es dringend gezielte und bessere Unterstützung“, fordert Kerstin Tack, Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen.
Insgesamt gehen 60 Prozent der Teilnehmenden an der Befragung davon aus, dass sie mit dem gegenwärtigen Personalschlüssel den Bedürfnissen der Kinder nicht gerecht werden können. In Niedersachsen sind es sogar mehr als 70 Prozent! „Die aktuelle und auch die nächste Landesregierung müssen diese Zahlen zur Kenntnis nehmen“, sagt Kerstin Tack. Träger und Beschäftigte niedersächsischer Kitas mahnen schon lange dringend nötige Änderungen am Kita-Gesetz und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen an, unter anderem mit einer wöchentlichen Mahnwache vor der Staatskanzlei.
Kindertageseinrichtungen in benachteiligten Sozialräumen sind von den genannten Problemen besonders betroffen. Defizite belegt der Bericht dabei unter anderem im Bereich der Sprachförderung: Je höher die sozialräumliche Benachteiligung, desto größer ist die Zahl der Kinder mit Unterstützungsbedarf bei der sprachlichen Bildung. Gleichzeitig könne dieser Bedarf mit dem gegenwärtigen Personalschlüssel überwiegend nicht gedeckt werden.
Strukturelle Defizite werden nicht nur bei den Personalschlüsseln, sondern u.a. auch im Bereich der Kita-Finanzierung ausgemacht. Neu- und Ersatzanschaffungen seien kaum selbstverständlich. Mehr als ein Drittel der Teilnehmenden gibt zudem an, dass die vorgesehenen Finanzmittel nicht ausreichen, um die Kinder mit einer ausgewogenen Ernährung zu versorgen. „Die Befunde des Kita-Berichts sind erschütternd. Es ist schon ein Armutszeugnis, wenn es uns in diesem reichen Land nicht gelingt, jedem Kind eine gesunde Mahlzeit, bestmögliche Förderung in der individuellen Entwicklung und eine möglichst unbeschwerte Kindheit zu ermöglichen”, so Kerstin Tack.
Die komplette Studie finden Sie hier.