Aus dem Jahr 2022
Armut beginnt nicht erst mit dem Bürgergeld!
Zu den von der FDP angestoßenen Debatten um die Kürzungen des Bürgergeldes erklärt Kerstin Tack, Vorsitzende Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen e.V.:
„Die sozialfeindlichen Pläne der FDP, Einsparmaßnahmen auf Kosten von Bürgergeld-Empfänger*innen zu realisieren, sind absurd. Überall im Land müssen Bezieher*innen schon jetzt in vielen Fällen etwas zur Miete zuzahlen, weil die Jobcenter nicht die gesamten Wohnkosten übernehmen. Günstigere Wohnungen gibt es aber einfach nicht. Vom Regelsatz gehen dafür mitunter bis zu 178 Euro ab – dann bleiben den Menschen gerade mal 382 Euro im Monat zum Leben. Da sprechen wir schon nicht mehr von Armutsgefährdung. Das ist tatsächliche Armut.
Und Armut beginnt nicht erst mit dem Bürgergeld: Eine Million Menschen, die täglich auf der Matte stehen und arbeiten gehen, müssen ihren Lohn aufstocken, weil das Gehalt vorn und hinten nicht mehr zum Leben reicht. Es ist aus unserer Sicht daher eine schräge Debatte, Haushaltslöcher auf Kosten der Ärmsten und der Geringverdiener stopfen zu wollen. Die demokratischen Parteien müssen vielmehr ihre politische Kraft dazu aufbringen, die gesellschaftliche Spaltung aufzuhalten. Die Koalition tut gut daran, sich an ihren Koalitionsvertrag zu erinnern – beispielsweise zum sozialen Wohnungsbau. Tatsächlich ist der Plan, 400.000 neue Wohneinheiten für die Bürger*innen dieses Landes zu bauen, zum Erliegen gekommen. Wir brauchen aber Perspektiven für diejenigen, die im Moment keine haben – für Menschen mit mittleren Einkommen genauso wie eben für die Menschen in den unteren Einkommensgruppen.
Wenn die Koalition nach sozialverträglichen Haushaltsmitteln im Bund sucht, wäre übrigens jetzt der richtige Zeitpunkt, um ernsthaft und robust gegen Steuerhinterziehung vorzugehen. Denn hier werden laut Bundesrechnungshof jährlich 30 bis 50 Milliarden Euro der Gesellschaft vorenthalten.“