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Paritätische Expertise zeigt: Nicht einmal jedes sechste Kind in Niedersachsen profitiert von Teilhabeleistungen
Das Bildungs- und Teilhabepaket wurde vor zwölf Jahren ins Leben gerufen, um benachteiligten Kindern und Jugendlichen mehr gesellschaftliche Teilhabe und die Beteiligung an Bildungs-, Kreativ- oder Sportangeboten zu ermöglichen. Trotz zahlreicher Reformversuche gelang es bisher nicht, dieses Ziel zu erreichen. Eine Expertise der Forschungsstelle des Paritätischen Gesamtverbands konnte nun darlegen, dass die Teilhabeleistung von bis zu 15 Euro, die Kindern in Bürgergeld-Familien monatlich zur Finanzierung etwa von Vereinsaktivitäten bekommen können, selten ankommt. Im Bundesdurchschnitt bekommen gerade einmal 18 Prozent dieser Kinder zwischen sechs und unter 15 Jahren diese Leistung.
In Niedersachsen liegt die Quote mit 16,3% sogar nochmal unter dem Bundesdurchschnitt. Von den knapp mehr als 128.000 Anspruchsberechtigten Kindern und Jugendlichen in Niedersachen haben demnach nur rund 20.800 von diesem Angebot profitiert. Mit Blick auf die sehr unterschiedliche Armutsbetroffenheit der Menschen in Niedersachsen in der Fläche zeigt sich, dass besonders in Regionen mit einer hohen Armutsquote, beispielsweise Goslar, Göttingen, Northeim oder Ostfriesland zeitgleich auch die Nachfrage der Anspruchsberechtigten erschreckend niedrig, zum Teil bis weit unter dem Landesdurchschnitt ist.
Hierzu erklärt die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen e.V., Kerstin Tack: „Das gesunde Aufwachsen sozialbenachteiligter Kinder und Jugendlicher durch die Schaffung von Chancengleichheit und Teilhabe ist unsere gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Mit dem Bildungs- und Teilhabepaket sind wir diesem Ziel nicht nähergekommen, da es Kinder und Jugendliche aus einkommensarmen Familien nicht erreicht. Stattdessen wird das damit verbundene Versprechen auf mehr Teilhabe an Sport, Bildung oder Kultur seit über einem Jahrzehnt meilenweit verfehlt. Das liegt nicht nur daran, weil man mit 15 Euro im Monat nicht weit kommt, sondern auch aufgrund bürokratischer Hürden und fehlender Angebote vor Ort.“
Um eine Erhöhung der Teilhabechancen armutsbetroffener Kinder und Jugendlicher zu erreichen, braucht es nach Auffassung des Paritätischen Niedersachsen unter anderem eine stärkere Beteiligung des Landes an den kommunalen Kosten für die Erweiterung der bestehenden Angebote, zum Beispiel in Form von Sozialpässen. Übergreifendes Ziel bleibt es dabei allen Kindern und Jugendlichen unabhängig vom Familieneinkommen einen niedrigschwelligen Zugang zu Freizeit-, Kultur- und Sportangeboten ohne Stigmatisierungseffekte zu ermöglichen.
► Die vollständige Expertise mit allen empirischen Befunden steht Ihnen hier zum Download bereit.