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PM 02/22 v. 22.01.22

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Hartz-IV-Regelsatz um mehr als 50 Prozent zu niedrig: Paritätischer fordert Anhebung der Grundsicherung

Ein armutsfester Regelsatz müsste nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle aktuell 678 Euro für einen alleinstehenden Erwachsenen betragen und damit um mehr als 50 Prozent höher liegen als die derzeit gewährten Leistungen in der Grundsicherung. Die jüngste Anpassung zum 1.1.2022 um lediglich drei Euro auf aktuell 449 Euro gleicht nicht einmal die Preisentwicklung aus, führt damit sogar zu realen Kaufkraftverlusten und ist im Ergebnis verfassungswidrig.

Das Armutsrisiko in Niedersachsen ist 2020 auf den bislang höchsten Stand seit Beginn der vergleichbaren statistischen Erfassung gestiegen. "Das haben aktuelle Zahlen des Landesamts für Statistik gerade erst wieder gezeigt", sagt Kerstin Tack, Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen e.V. "Eine substanzielle Erhöhung der Regelsätze ist nicht nur aufgrund der gravierenden Auswirkungen der Corona-Pandemie dringend geboten. Höhere Regelsätze sind das wichtigste Werkzeug, um Armutsbetroffenen gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.“

Der Paritätische appelliert deshalb an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, für eine bedarfsgerechte Anpassung der Regelsätze zu sorgen. Kurzfristig fordert der Verband eine Soforthilfe für Menschen in der Grundsicherung von monatlich 100 Euro pro Person, um wenigstens die pandemiebedingten Mehrkosten und die Inflation auszugleichen.

"Der geltende Regelsatz ist trickreich kleingerechnet, reicht vorne und hinten nicht und geht schon lange an der Lebensrealität der Menschen komplett vorbei. Die Anhebung um lediglich drei Euro zum Jahreswechsel ist ein schlechter Witz, faktisch hat sich die Lage für arme Familien durch die realen Kaufkraftverluste sogar verschlechtert", kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Der Paritätische kritisiert die regierungsamtliche Berechnungsmethode und den bestehenden Fortschreibungsmechanismus zur jährlichen Anpassung als willkürlich und nicht geeignet, das verfassungsrechtlich gebotene soziokulturelle Existenzminimum abzusichern. “Das ganze Bemessungssystem des Regelsatzes gehört umgehend auf den Prüfstand, die statistischen Tricksereien müssen beendet und die Leistungen neu und wirklich armutsfest berechnet werden. Preisentwicklungen wie derzeit müssen zeitnah Berücksichtigung finden“, fordert Schneider.

"Die bedarfsgerechte und armutsvermeidende Ausgestaltung der Regelsätze ist die Grundlage einer jeden Reform von Hartz IV und auch der von der Koalition angekündigten Kindergrundsicherung. Wir werden diese Bundesregierung auch daran messen, dass sie die Ärmsten nicht eine weitere Legislaturperiode lang in ihrer Not alleine lässt, sondern armutspolitisch in die Offensive geht", so Schneider.

Zum Bericht der Paritätischen Forschungsstelle