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Damit wir sozial bleiben: Paritätischer Talk zur Landtagswahl
Krieg in der Ukraine, Energiekrise, Inflation – diese Themen beschäftigen auch die Menschen in Niedersachsen. Bei der Landtagswahl am 9. Oktober werden die Weichen dafür gestellt, dass Niedersachsen auch in den nächsten fünf Jahren zusammenhält. Kerstin Tack, Vorsitzende des Paritätischen Niedersachsen, diskutierte heute in Hannover mit prominenten Vertreter*innen von SPD, CDU, Grünen und FDP darüber, wie die soziale Landschaft zwischen Harz und Küste nach der Wahl aussehen soll. Klar ist: Neben den aktuellen Herausforderungen muss die nächste Landesregierung auch Lösungen für Megathemen wie den Fachkräftemangel, die Kita-Krise und (Alters-)Einsamkeit finden. Der Paritätische bietet dazu konkrete Lösungsvorschläge an.
Mehr als sechs Millionen Menschen sind dazu aufgerufen, in gut vier Wochen den neuen niedersächsischen Landtag zu wählen. Im Peppermint Pavillon auf Hannovers Expo-Gelände kam Kerstin Tack, Vorsitzende des Paritätischen Niedersachsen, mit Sozialministerin Daniela Behrens (SPD), Volker Meyer, dem sozialpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, Meta Janssen-Kucz, pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, und Stefan Birkner, aktuell Fraktionsvorsitzender der FDP im Landtag, ins Gespräch. Alle Gäste stehen am 9. Oktober zur Wahl und wollen in der kommenden Legislaturperiode die niedersächsiche Landespolitik mitbestimmen. Vertreter*innen des Paritätischen und seiner Mitgliedsorganisationen verfolgten die Diskussion vor Ort, außerdem wurde die Talk-Runde live im Internet gestreamt.
Zu Beginn der Diskussion standen die aktuellen Themen im Fokus. „40 Prozent der Menschen können jetzt schon keinen Cent ihres Einkommens zurücklegen. Das wird mehr werden, und das macht etwas mit der Würde der Menschen“, sagte Kerstin Tack. Die Kandidat*innen sicherten zu, sich für Verbesserungen an den aktuellen Unterstützungspaketen einzusetzen. Vor allem die Strom- und Gaspreise müssten im Rahmen gehalten werden, Armutsbetroffene bräuchten gezielte Unterstützung.
In der Folge sprach die Runde über Menschen in Niedersachsen, die sich in besonderen Lebenslagen individuellen Herausforderungen gegenübersehen: Kinder, Menschen mit Beeinträchtigungen, Pflegebedürftige. „Gebührenfreiheit in der Kita steht nicht in Frage“, sagte Daniela Behrens zur Diskussion um die frühkindliche Bildung. „Der ganze Bildungsweg muss gebührenfrei sein.“ Sie regte an, alle Akteure der Kinder- und Jugendarbeit an einen Tisch zu bringen, und forderte auch eine Fachkräfteoffensive „für den gesamten sozialen Bereich“.
Das „Personaldefizit“ in der sozialen Arbeit beschäftigt auch Meta Janssen-Kucz: „Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen, eine attraktive Vergütung und eine gerechte Kostenaufteilung.“ Beim „Tabuthema“ Einsamkeit macht sie sich für eine regelmäßige Berichterstattung stark und will dabei auf die Expertise der Wohlfahrtsverbände setzen. „Sie sind ja im Zweifel viel näher dran an den Menschen. Und dann müssen wir schauen, wie wir die Erkenntnisse in politisches Handeln übersetzen.“
Stefan Birkner (FDP) erinnerte daran, dass die Corona-Pandemie bedenkliche Effekte nach sich zieht, zum Beispiel Vereinsamung und psychische Erkrankungen. „Corona war für manche Bevölkerungsgruppen ein Brandbeschleuniger und hat viele Probleme verschärft. Das ist ein Riesenthema.“ Er appellierte an die anderen Parteien, im Landtag zusammenzuarbeiten, über die Fraktionsgrenzen hinweg. „Wir müssen anfangen, legislaturübergreifend Pläne zu entwickeln, vor allem in wichtigen Bereichen wie der frühkindlichen Bildung. Bei vielen Themen sind wir uns ja zumindest grundlegend einig.“
Volker Meyer will die Sozialwirtschaft, die schließlich auch ein großer Arbeitgeber sei, konkret dabei unterstützen, Herausforderungen wie die Digitalisierung zu meistern: „Für die produzierende Wirtschaft gibt es ein Kompetenzzentrum Digitalisierung. So etwas Ähnliches stellen wir uns auch für die Sozialbranche vor.“ Er will außerdem ein Pflegegeld auf den Weg bringen, um pflegende Angehörige zu entlasten.
Kerstin Tack wünschte sich von der Runde mehr Engagement für die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen. „Wir wollen Menschen mit Behinderungen mitten in die Gesellschaft holen“, sagte sie. „Aber dafür müssen die Rahmenbedingungen stimmen.“ Das sei noch nicht gegeben, weder in den Schulen noch auf dem Arbeitsmarkt, und auch im Straßenverkehr, in Geschäften und der Gastronomie sei Barrierefreiheit noch nicht die Regel. Sie stellte auch den „bürokratischen Dschungel“ in den Fokus, der inzwischen viele Bereiche der sozialen Arbeit beeinträchtige. In diesem Zusammenhang kam noch ein weiteres Megathema zur Sprache: Zuwanderung. Die Kandidat*innen waren sich einig darin, dass ausländische Arbeitskräfte nötig sind, um den Fachkräftebedarf in Niedersachsen zu decken – nicht nur in der Sozialwirtschaft.
Die Aufzeichnung der Talk-Runde gibt es zeitnah auf dem YouTube-Kanal des Paritätischen Niedersachsen unter www.youtube.com/paritaetischernds zu sehen.