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Gewalt gegen Frauen: Niedersachsen muss jetzt vorangehen
Bezugnehmend auf die aktuellen Zahlen des bundesweiten Lagebilds zu häuslicher Gewalt in Deutschland erklärt Kerstin Tack, Vorsitzende des Paritätischen Niedersachsen: „Jede Stunde sind durchschnittlich 13 Frauen physischer und psychischer Gewalt in ihrer Partnerschaft ausgesetzt. Für viel zu viele Frauen stellen die eigenen vier Wände keine Rückzugs- und Schutzmöglichkeit dar, sondern sind ein dunkler Ort, geprägt von Gewalt und Repression“.
Nach wie vor bleiben die meisten Taten unerkannt, die Frauen oftmals ohne Hilfe und Unterstützung sowie die Täter ungestraft. Fünf Jahre sind seit dem in Kraft treten der Istanbul-Konvention vergangen. Die Landesregierung hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung klar dazu bekannt, eine Koordinierungsstelle einzurichten und so Gewaltschutz als ressortübergreifende Aufgabe zu etablieren. Hierzu fordert Kerstin Tack: „Das muss Rot-Grün jetzt in die Tat umsetzen. Jeder verlorene Tag gefährdet Menschenleben. Die Koordinierungsstelle sollte die Umsetzung der Konvention auf Landesebene durch ein Monitoring engmaschig begleiten. Die Ergebnisse des Monitorings können dann dazu dienen, die wichtige Arbeit gegen Gewalt an Frauen weiter zu verbessern und auszubauen.“
Auch der Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen muss dringend weiterentwickelt werden – die letzte Neufassung stammt von 2012. „Unsere Gesellschaft muss sich schützend vor gewaltbetroffene Frauen stellen. Der Staat ist da in der Verantwortung. Die Einrichtung einer Koordinierungsstelle in der Landesregierung und die Weiterentwicklung des Landesaktionsplans – beides sind wichtige und unabdingbare Schritte in Richtung einer konsequenten Umsetzung der Istanbul-Konvention“, sagt Kerstin Tack.
Jährlich suchen rund 2.200 Frauen und etwa 2.000 Kinder in Niedersachsen Schutz. Das Problem ist dabei weniger ein insgesamter Platzmangel in den niedersachsenweit 45 Frauenhäusern, sondern vielmehr ein Mangel aufgrund der sich stets verändernden Nachfragesituation vor Ort. An dieser Situation hat auch die neu eingeführte Frauenhausampel, die Auskunft über vorhandene freie Plätze geben soll, nichts geändert, da diese Frauenhausplätze viel zu oft auf die Bedürfnisse der Schutzsuchenden nicht zugeschnitten sind. Hier braucht es ein schnelles und pragmatisches Vorgehen damit beginnend, dass Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen bedarfsgerecht ausgebaut und finanziell besser ausgestattet werden. Damit Frauen in Not die Chance erhalten, in ganz Niedersachsen auf sie zugeschnittene Unterstützung und Schutz zu erhalten.
Zum Hintergrund
Im Bereich der Partnerschaftsgewalt stieg die Anzahl der Opfer um 9,1 Prozent auf 157.818 Opfer. Ganz überwiegend trifft Gewalt im häuslichen Kontext Frauen: 80,1 Prozent der Opfer von Partnerschaftsgewalt und 71,1 Prozent der Opfer Häuslicher Gewalt insgesamt sind weiblich.
Das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ wurde 2011 in Istanbul unterzeichnet – daher der Kurzname Istanbul-Konvention. Deutschland hat das Übereinkommen 2017 ratifiziert, seit 2018 hat es Gesetzeskraft. Die Konvention soll vor allem Frauen besser vor Gewalt schützen und entsprechende Beratungsstrukturen stärken, aber auch grundsätzlich die Gleichstellung der Geschlechter vorantreiben und Diskriminierung bekämpfen.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier: Bundeslagebild Häusliche Gewalt 2022