Info FB Pflege - Empfehlungen der 4. Pflegekommission zur Erhöhung des Mindestlohns in der Altenpflege, Positionspapier des Bundesvollmächtigen für Pflege
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FB Pflege ambulant, teil- und stationär
Inhalt:
1) Empfehlungen der 4. Pflegekommission zur Erhöhung des Mindestlohns in der Altenpflege
2) Bundesvollmächtiger Pflege zum Thema: Ambulante Pflegedienste stärken, um die häusliche Pflege zu sichern
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Pflegemindestlohn stieg zum 01. Januar 2020 auf 11,35 €. Er gilt für alle Arbeitnehmer*innen, die überwiegend Pflege- und Betreuungsleistungen im Sinne des SGB XI erbringen.
Es ist möglich, dass bereits zum 01. Mai 2020 eine weitere Erhöhung des Pflegemindestlohns vorgenommen wird!
Die 3. Pflegearbeitsbedingungenverordnung (3. PflegeArbbV) vom 11.08.2017 tritt am 30.04.2020 außer Kraft mit der Folge, dass der aktuelle Pflegemindestlohn nicht mehr gilt, sofern nicht eine Folgeverordnung ab dem 1.05.2020 greift. Die Pflegekommission wurde daher im September 2019 neu gebildet mit dem Ziel, eine neue Empfehlung für die 4. Pflegearbeitsbedingungenverordnung zu beraten und zu verhandeln.
Diskutiert wurde unter anderem die Differenzierung bei den Pflegemindestlöhnen zwischen Fach- und Hilfskräften, aber auch die Thematik OST-West- Unterschiede.
Diese Empfehlung liegt nun vor - bitte beachten Sie: das BMAS muss dies (nach Prüfung aller gesetzlichen Voraussetzungen) erst noch in eine Rechtsverordnung umsetzen!!!
Auf Bundesebene haben die Themen Arbeitnehmer-Entsendungsgesetz und Arbeitgeberverband demgegenüber derzeit deutlichere Priorität und müssen in der Umsetzung vorangebracht werden, wie uns der Gesamtverband Berlin mitteilte.
1) Empfehlungen der 4. Pflegekommission zur Erhöhung des Mindestlohns in der Altenpflege
Ende Januar 2020 hat sich die 4. Pflegekommission auf eine Empfehlung zum Mindestlohns in der Altenpflege geeinigt. Das BMAS (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) beabsichtigt, auf dieser Grundlage eine neue Verordnung zur Verbindlichkeit des Pflegemindestlohn zu erlassen. Vorab hat es den in den Geltungsbereich der Rechtsverordnung fallenden Arbeitgebern und Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen sowie den Parteien von Tarifverträgen, die zumindest teilweise in den fachlichen Geltungsbereich der Rechtsverordnung fallen, und paritätisch besetzten Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber in der Pflegebranche festlegen, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab dem Tag der Bekanntmachung des Entwurfs der Rechtsverordnung zu geben. Die Bekanntmachung des Entwurfs der 4. Pflegearbeitsbedingungenverordnung ist daher in den nächsten Wochen zu erwarten.
Die Verordnung soll voraussichtlich am 01.05.2020 in Kraft treten.
Wesentlich sind insbesondere folgende geplanten Änderungen im Vergleich zur früheren Verordnung:
1. Erstmals sollen Mindestentgelte nicht nur für Pflegehilfskräfte, sondern auch für qualifizierte Pflegehilfskräfte und Pflegefachkräfte bestimmt werden.
2. Bis zum 01.09.2021 soll die Angleichung der Mindestentgelte in Schritten in Ost und West vollzogen sein.
3. Vom 01.05.2020 (Auslaufen der bisherigen 3. PflegeArbbVO) bis zum 30.06.2020 sollen die bisherigen Sätze von 11,35 (West) und 10,85 (Ost) für Pflegehilfskräfte weiter gelten.
Ab. 01.07.2020 finden die neuen in der Folgeverordnung niedergelegten Werte Anwendung.
4. Ab dem 01.04.2021 soll ein Mindestentgelt für qualifizierte Pflegehilfskräfte (mit mindestens 1-jähriger Ausbildung ) zu zahlen sein.
5. Ab dem 01.07.2021 soll ein Mindestentgelt für Pflegefachkräfte gelten.
Die vorgeschlagenen Mindestentgelte entnehmen Sie der tabellarischen Übersicht in der Pressemeldung des Bundesministeriums für Arbeit, in der die beabsichtigten Erhöhungsschritte dargestellt sind. Weitere geplante Änderungen beziehen sich auf die Gewährung von zusätzlichen Urlaubstagen für Beschäftigte, die bisher nur einen Anspruch auf den gesetzlichen Urlaub haben und zur Fälligkeit der Mindestentgelte ab dem 01.05.2020.
Außerdem finden Sie in der Anlage die Empfehlungen der 4. Pflegekommission.
2) Bundesvollmächtiger Pflege zum Thema: Ambulante Pflegedienste stärken, um die häusliche Pflege zu sichern
Viele Pflegebedürftige finden heute nur nach langer Suche einen Pflegedienst, der sie dabei unterstützt, selbstbestimmt zu Hause zu leben. Nach einer aktuellen Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege müssen 80 Prozent der Pflegedienste regelmäßig Pflegebedürftige ablehnen – weil sie nicht genug Pflegekräfte haben. Ein Grund hierfür sind zu geringe Löhne in der ambulanten Pflege. Dabei wären viele Pflegedienste durchaus bereit, ihre Mitarbeiter besser zu bezahlen. Sie scheitern aber häufig an der mangelnden Refinanzierung durch Kranken- und Pflegekassen. Grund dafür ist die bestehende gesetzliche Vergütungssystematik, die Pflegedienste überfordert und sich als nicht praktikabel erwiesen hat. In der Praxis nehmen Pflegedienste eine niedrige Vergütung der Kostenträger deshalb notgedrungen hin. Der Einkommensabstand der ambulanten Pflege zu Krankenhäusern und stationären Einrichtungen der Langzeitpflege hat sich so immer weiter vergrößert. Ambulante Betreiber können mit den dort gezahlten Gehältern und Prämien nicht mehr mithalten und finden kein Personal. Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Staatsekretär Andreas Westerfellhaus:
„Jeder weiß heutzutage, dass man Pflegekräfte anständig bezahlen muss, um sie zu halten oder neue Mitarbeiter zu gewinnen. Das geht aber nur, wenn Pflegedienste angemessene Preise für Pflegeleistungen bezahlt bekommen. Deshalb muss die Refinanzierung durch Kranken- und Pflegekassen stimmen. Bisher sitzen die Kassen in den Preisverhandlungen am längeren Hebel und Pflegedienste werden systematisch benachteiligt. Wir brauchen unbedingt echte Preisverhandlungen auf Augenhöhe. Ein kleiner Pflegedienst kann nicht mit dutzenden Krankenkassen verhandeln. Das bestehende Refinanzierungssystem hindert Pflegedienste häufig daran faire Löhne zu zahlen. Ohne eine bessere Vergütung für Pflegedienste ist deren Existenz und damit die Sicherstellung der ambulanten Pflege ernsthaft gefährdet.“
Der Pflegebevollmächtigte schlägt auf der Grundlage eines externen Gutachtens vor Pflegedienste sollten nur einmal in einem einheitlichen Verfahren mit Kranken- und Pflegekassen zusammen ihre Vergütung aushandeln müssen. Im Streitfall sollte es nur ein einziges, einheitliches Schiedsstellenverfahren geben. Wettbewerb der Krankenkassen zulasten der Löhne muss ausgeschlossen werden.
Das Gutachten zu Refinanzierung in der ambulanten und stationären Langzeitpflege finden Sie bei Interesse zudem unter www.pflegebevollmächtigter.de
Ein Positionspapier zur Refinanzierung und Nachweis von Tariflöhnen ist dieser Mail beigefügt.
Es leitet im Grunde vier Forderungen ab:
1. Vergütungsverhandlungen und Schiedsverfahren für Pflegedienste vereinfachen
2. Vergütungsverhandlungen auf Augenhöhe ermöglichen und Streitschwerpunkte auflösen
3. Transparenz über Lohnzahlungen herstellen
4. Kostenmehrbelastungen der Pflegebedürftigen wegen fairer Löhne ausgleichen
Grundsätzlich sind viele der Forderungen nachvollziehbar, erfassen jedoch die tatsächliche Situation nicht in Gänze aufgrund unvollständiger Datenlage und Quellen des Gutachtens.
Auf die "gute Praxis in NRW" zu Einzelverhandlungen wird zum Beispiel gar nicht Bezug genommen, obwohl hier in größerem Maße als in jedem anderen Bundesland ambulante Einzelverhandlungen geführt werden (Quelle syspra.de). Somit wäre vor einer möglichen praktischen Umsetzung von der Bundesebene der Sachstand in den Ländern noch deutlicher zu ergänzen und zu differenzieren.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. Nicole Diederich
Referentin Pflege