PM 26/20 v. 02.12.2020
„Im Sommer, als die ersten Corona-Einschränkungen wieder aufgehoben wurden, habe ich eine Einrichtung der Eingliederungshilfe besucht und war dort in einem Café zu Gast, in dem ganz selbstverständlich Menschen mit und ohne Behinderungen zusammenarbeiten“, sagt Birgit Eckhardt, Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen e.V., anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember. „Ich bin dann mit einigen der Beschäftigten mit Beeinträchtigungen ins Gespräch gekommen. Sie haben mir alle erzählt, wie froh sie sind, wieder arbeiten zu können, ihre Freunde wieder zu treffen und überhaupt wieder am Alltag der Gesellschaft teilzuhaben.“
Deshalb gelte es, aus den Erfahrungen der Corona-Pandemie die richtigen Lehren zu ziehen. „Menschen mit Behinderungen müssen noch besser in die politischen Entscheidungsprozesse eingebunden werden“, sagt Birgit Eckhardt. „Die Arbeit von Behindertenbeiräten muss mehr Gewicht bekommen, Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen brauchen Beteiligungsmöglichkeiten, vor allem Menschen mit geistigen Einschränkungen müssen mehr gehört werden.“ Das gelte für die Politik, die auf allen Ebenen mehr Mitspracherechte einräumen müsse, genauso wie für den öffentlichen Diskurs. „Medien berichten sehr selten über Menschen mit Beeinträchtigungen, und viel zu oft geht es in solchen Beiträgen dann nur um Probleme“, sagt die Vorsitzende des Paritätischen, der unter seinem Dach rund 240 Mitgliedsorganisationen aus der Behindertenhilfe vereint. „Der Alltag dieser Menschen, ihre Sicht auf das Leben, spielen in der Berichterstattung kaum eine Rolle.“
Das Bundesteilhabegesetz, 2016 beschlossen, befindet sich inzwischen in der Umsetzung. Damit verbunden sei ein Paradigmenwechsel, betont die Vorsitzende des Paritätischen. „Das Gesetz bekräftigt, dass Menschen mit Behinderungen ein Recht auf gesellschaftliche Teilhabe besitzen. Dieses Recht gilt es auch in einer solchen Pandemie umzusetzen. Viele Menschen mit Behinderungen und ihre Familien haben sich schlicht alleingelassen gefühlt. Das darf nicht wieder vorkommen.“ Deshalb müssten auch Familienmitglieder und Betreuungspersonen von Menschen mit Behinderungen zu den ersten Personen gehören, die gegen das Corona-Virus geimpft werden. „Das wäre ein versöhnliches Signal“, sagt Birgit Eckhardt.