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Presseartikel

PMS 08/18 v. 08.02.2018

| Aktuelles

Der Paritätische fragt: Quo vadis Niedersächsisches Schulgesetz?
Zum Start der öffentlichen Anhörung im Kultusausschuss des Landtags am Donnerstag und Freitag dieser Woche (08.-09. Februar 2018) stellt sich für den Paritätischen Wohlfahrtsverband Niedersachsen e.V. und seine Vorsitzende Birgit Eckhardt die Frage: „Ob die Zeit genutzt wird, gute tragfähige Konzepte zu entwickeln und Inklusion flächendeckend und optimal in Niedersachsen umzusetzen? Offensichtlich werden verschiedene Akteure in den Prozess einbezogen. Aber werden Sie auch wirklich gehört?“

Das Thema ist sensibel. Es gibt Kinder mit besonderem Bedarf, mit gravierenden Behinderungen, die sich in kleinen Gruppen unter anderen Kindern, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen, einfach wohler fühlen. Sie brauchen Strukturen, Barierrefreiheit und eine ausreichende pädagogische Betreuung. Deshalb plädiert der Paritätische für ein dauerhaftes Nebeneinander von inklusiver Schule und Förderschule. „Die Qualität der Förderschule darf uns nicht verloren gehen. Wir setzen uns ganz klar weiterhin für das Wunsch- und Wahlrecht von Eltern und Kindern ein“, sagt Birgit Eckhardt, Vorsitzende des Paritätischen Niedersachsen.

Förderschulen im Förderschwerpunkt Lernen sollen laut Gesetzesentwurf der SPD/CDU Fraktion längstens bis zum Ende des Schuljahrs 2027/2028 fortgeführt werden. Die Genehmigung wird an die Entwicklung der Schülerzahlen gekoppelt. Letztmalig werden im Schuljahr 2022/2023 Schüler und Schülerinnen in den 5. Jahrgang an Förderschulen aufgenommen.  Da wo es in der Fläche keine Förderschulen gibt, genehmigt die Landesschulbehörde Lerngruppen für Kinder mit sonderpädagogischem Bedarf an allgemeinbildenden Schulen.  Hier enthält das Gesetz eine Anmerkung für die Kommunen: „Zu einem zusätzlichen Raumbedarf dürfte es dabei nicht kommen.“ Auch diese Maßnahme gilt bis maximal 2027/2028. Mit der Gesetzesänderung hat die Landesregierung einen Übergangszeitraum geschaffen, um die Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung der inklusiven Schule zu verbessern.

„Es bleiben aber ernsthafte Zweifel, ob die Zeit auch gut genutzt wird“, sagt Birgit Eckhardt. „Mehr Zeit bedeutet nicht automatisch, dass am Ende ein besseres Ergebnis zustande kommt. Man müsste jetzt eigentlich mit Volldampf weitermachen“, sagt Birgit Eckhardt. Studienplätze für Sonderpädagogik gebe es immer noch zu wenige. Der Aufbau der Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren müsse vorangebracht werden. Auch der geplante Einsatz von Multiprofessionellen Teams wirft Fragen auf. Wird die Landesregierung bei der Umsetzung des Konzepts letztendlich das Kostenargument vor das Wohl und die Bedürfnisse der zu betreuenden Kinder stellen?

Aktuell sind Schulen mit den vielen Aufgaben einfach überfordert. Zu lange Arbeitszeiten, Lehrermangel, Unterrichtsausfall müssen aufgefangen werden, Konzepte müssen erarbeitet werden (z. B. wird die Schulsozialarbeit in den Schuldienst gestellt) und um das Bürokratische muss sich auch jemand kümmern. „Die Hauptlast der Umsetzung der Inklusion auf die Schulen abzuwälzen, wäre sicher keine kluge Vorgehensweise“, betont Birgit Eckhardt.

Es gibt weitere Entwicklungen, die nicht außer Acht gelassen werden sollten. Zum einen werden an den Förderschulen, insbesondere in Klassen mit Schwerpunkt geistige Entwicklung, steigende Schülerzahlen verzeichnet. Zum anderen „ist der Prozess ist mit der schulischen Laufbahn nicht abgeschlossen. Wie sieht es mit den Berufsschulen aus?“ fragt die Vorsitzende des Paritätischen Niedersachsen weiter. Bisher wurden Berufsschulen noch nicht im Prozess beteiligt.

Birgit Eckhardt zieht ein Fazit zur geplanten Änderung des Schulgesetzes: „Es gibt viel zu tun in Sachen Inklusion, die Zeit ist knapp und wir wollen uns in fünf Jahren nicht an demselben Punkt wiederfinden, an dem wir bereits jetzt stehen.“