PMS 25/19 v. 04.06.2019
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Niedersachsen e.V. begrüßt das Vorhaben der niedersächsischen Landesregierung, die Ausbildungsgänge für weitere soziale und Gesundheitsberufe vom gängigen Schulgeld zu befreien. „Das ist ein lange überfälliger Schritt, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten“, sagt Birgit Eckhardt, Vorsitzende des Paritätischen. „Aber es ist unbegreiflich, warum die Landesregierung das Schulgeld nicht endlich für alle schulischen Ausbildungen streicht. Wer in die Heilerziehungspflege möchte, bezahlt weiterhin zwischen 90 und 150 Euro – im Monat! Auch für diesen Beruf muss das Schulgeld endlich abgeschafft werden.“
Heilerziehungspflegerinnen und –pfleger arbeiten überwiegend in Einrichtungen der Behindertenhilfe. Sie sind wichtige und begehrte Fachkräfte, ohne die echte Inklusion nicht denkbar ist. Der Fachkräftemangel ist auch in diesem Bereich der sozialen Arbeit längst angekommen, zumal der Bedarf an Heilerziehungspflegerinnen und –pflegern stetig steigt: Sie arbeiten zum Beispiel auch in Integrationsgruppen in Kindergärten, und die zunehmend individuellere Betreuung von Menschen mit Behinderungen erhöht die Nachfrage nach Fachkräften zusätzlich. „Perspektivisch brauchen wir also eher mehr Menschen mit entsprechender Berufsausbildung als bisher“, sagt Birgit Eckhardt. „Das Schulgeld aber treibt junge Menschen, die an sozialer Arbeit interessiert sind, in die schulgeldfreien Ausbildungsgänge.“
Anlässlich der Abschaffung des Schulgelds an den Berufsfachschulen Sozialpädagogische Assistenz und der Fachschule Sozialpädagogik vor gut einem Jahr hat Kultusminister Tonne gesagt: „Es ist aus der Zeit gefallen und ungerecht und nicht im Interesse des Landes, diese finanzielle Hürde aufrechtzuerhalten.“ Für das Berufsbild Heilerziehungspflege scheint das nicht zu gelten. Es ist an der Zeit, dass sich das ändert. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Niedersachsen e.V. allein hat mehr als 240 Mitgliedsorganisationen aus der Behindertenhilfe. Gemeinsam mit seinen Mitgliedsorganisationen fordert der Paritätische, das Schulgeld für die Heilerziehungspflege zum Beginn des Schuljahres 2020/21 abzuschaffen. „In einem zweiten Schritt muss eine Ausbildungsvergütung eingeführt werden. Das gilt im übrigen für alle sozialen und Gesundheitsberufe“, sagt Birgit Eckhardt. „Im Handwerk und im Dienstleistungssektor ist es ganz normal, dass Azubis bezahlt werden und in die Sozialversicherungen einzahlen. Warum werden junge Menschen, die sich für einen sozialen Beruf, für den Dienst am Menschen entscheiden, da schlechtergestellt?“ Für die Kranken- und Altenpflegeausbildung hat die Bundesregierung eine flächendeckende Vergütungsregelung für Azubis angestoßen – das muss auch für die anderen sozialen Berufe gelten.
Drittens muss das Berufsbild Heilerziehungspflege bekannter gemacht werden, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Der Name „Heilerziehungspflege“ ist irreführend und nicht mehr zeitgemäß. Ein neuer Name sollte den Stellenwert des Berufsbildes verdeutlichen. „Wir sprechen hier schließlich über Fachkräfte für die ganzheitliche Betreuung von Menschen mit Behinderungen, und die Inklusion von Millionen Menschen mit Beeinträchtigung ist eine der großen gegenwärtigen Aufgaben für unsere Gesellschaft“, sagt Birgit Eckhardt.